Stolz sein - wie fühlt sich das an?
Die Überschrift habe ich von Sabine Kiefner - ihres Zeichens Asperger-Autistin - geklaut.
Gleich die ersten Zeilen, die ich noch im Feedreader gelesen habe, haben mich nachdenklich gemacht:„Das haben Sie richtig gut gemacht.“, sagt sie zu mir und dass ich stolz darauf sein könne, das alles geschafft zu haben. Ganz alleine geschafft zu haben, ohne ihre Hilfe. Aber ich bin nicht stolz. Ich bin verunsichert.
Sie schreibt dann weiter, dass sie nicht weiss, wie sie dieses Lob beurteilen soll. Ob die Erwartungen jetzt an sie höher geschraubt werden? Das kann sie sich nicht leisten.
Mir geht es jetzt gar nicht darum, ob Aspie oder Nicht-Aspie, sondern das Aufeinandertreffen von verschiedenen Welten, Kulturen.
Worauf kann man stolz sein, worauf nicht? Was bewirkt diese Unsicherheit, wie sie Sabine Kiefner hat?
So geht es einem nun wirklich, wenn man in einer anderen Kultur ist (oder Mentalität oder wie immer man das ausdrücken will - ich rede hier nicht von Ländergrenzen). Man kennt das ganze soziale Konstrukt nicht, in dem dieses Lob gipfelt. Wie soll man da wissen, was es bedeutet?
Gleich die ersten Zeilen, die ich noch im Feedreader gelesen habe, haben mich nachdenklich gemacht:„Das haben Sie richtig gut gemacht.“, sagt sie zu mir und dass ich stolz darauf sein könne, das alles geschafft zu haben. Ganz alleine geschafft zu haben, ohne ihre Hilfe. Aber ich bin nicht stolz. Ich bin verunsichert.
Sie schreibt dann weiter, dass sie nicht weiss, wie sie dieses Lob beurteilen soll. Ob die Erwartungen jetzt an sie höher geschraubt werden? Das kann sie sich nicht leisten.
Mir geht es jetzt gar nicht darum, ob Aspie oder Nicht-Aspie, sondern das Aufeinandertreffen von verschiedenen Welten, Kulturen.
Worauf kann man stolz sein, worauf nicht? Was bewirkt diese Unsicherheit, wie sie Sabine Kiefner hat?
So geht es einem nun wirklich, wenn man in einer anderen Kultur ist (oder Mentalität oder wie immer man das ausdrücken will - ich rede hier nicht von Ländergrenzen). Man kennt das ganze soziale Konstrukt nicht, in dem dieses Lob gipfelt. Wie soll man da wissen, was es bedeutet?
Violine - abgelegt unter beziehungsweise - 4. Sep, 19:22
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waelti (Gast) - 4. Sep, 20:29
Das scheint mir jetzt recht kompliziert.
Beispiel:
Robert Hickman (achievingextraordinarysuccess) ist für einen guten Zweck 177 Meilen gewandert. Der Bericht ist eine (scharfsinnige) Beobachtung dessen, was alles geschehen ist. Im ganzen Bericht kommt "proud of" nicht vor. Erst im ersten Kommentar.
"Nüchterne" Antwort von Robert: Thanks, hope you enjoy your walk."
Bei Herzchaosmama wird es ähnlich sein. (bei WP.)
Und bei einigen anderen auch. Wie eben bei Sabine Kiefner.
Die Fremde Kultur ist im ersten Moment sicher vergleichbar. Es gibt nichts, woran "Stolz" gemessen werden kann. Menschen können nun eines sehr gut: Muster suchen. Und die Menschen werden die notwendigen Muster finden. Durch Vergleiche, z.B. Reaktionen von Stolz wie sie sich bei Menschen zeigen, die bereits länger in dieser Kultur leben.
Ich stelle folgende Vermutung an:
Jemand mit Autismus / Asperger-Syndrom wird diese Muster sehr schnell erkennen. Er wird *Anderen* "Neulingen" in dieser Kultur sehr schnell sagen können: "Hier kannst du stolz auf dich sein, weil...".
Diese fehlenden Regeln, wie denn nun Stolz in der Kultur (be) gemessen wir, diese Regeln können gelernt werden.
Dann allerdings kommt für den AT/ASP Menschen der Punkt an dem er auch - fast gleichzeitig - erkennt welche Regeln/Maßstäbe er eben *nicht* erfüllt.
Anders formuliert: er lebt sich so schnell ein, dass er recht früh erkennt "Ich kann doch nicht Stolz auf mich sein, weil...".
Diese Bedingung, das gleichzeitige Wahrnehmen der erfüllten *und* nicht erfüllten Regeln/Anforderungen ändert sich nicht. Das ist von einer bestimmten Kultur unabhängig.
Ein bisschen so wie bei der "Illusion der Kontrolle".
Depressive Menschen haben diese Illusion der Kontrolle scheinbar nicht - oder in geringerem Ausmaß.
Ist ein bisschen wie mit dem Ei und der Henne.
Beispiel:
Robert Hickman (achievingextraordinarysuccess) ist für einen guten Zweck 177 Meilen gewandert. Der Bericht ist eine (scharfsinnige) Beobachtung dessen, was alles geschehen ist. Im ganzen Bericht kommt "proud of" nicht vor. Erst im ersten Kommentar.
"Nüchterne" Antwort von Robert: Thanks, hope you enjoy your walk."
Bei Herzchaosmama wird es ähnlich sein. (bei WP.)
Und bei einigen anderen auch. Wie eben bei Sabine Kiefner.
Die Fremde Kultur ist im ersten Moment sicher vergleichbar. Es gibt nichts, woran "Stolz" gemessen werden kann. Menschen können nun eines sehr gut: Muster suchen. Und die Menschen werden die notwendigen Muster finden. Durch Vergleiche, z.B. Reaktionen von Stolz wie sie sich bei Menschen zeigen, die bereits länger in dieser Kultur leben.
Ich stelle folgende Vermutung an:
Jemand mit Autismus / Asperger-Syndrom wird diese Muster sehr schnell erkennen. Er wird *Anderen* "Neulingen" in dieser Kultur sehr schnell sagen können: "Hier kannst du stolz auf dich sein, weil...".
Diese fehlenden Regeln, wie denn nun Stolz in der Kultur (be) gemessen wir, diese Regeln können gelernt werden.
Dann allerdings kommt für den AT/ASP Menschen der Punkt an dem er auch - fast gleichzeitig - erkennt welche Regeln/Maßstäbe er eben *nicht* erfüllt.
Anders formuliert: er lebt sich so schnell ein, dass er recht früh erkennt "Ich kann doch nicht Stolz auf mich sein, weil...".
Diese Bedingung, das gleichzeitige Wahrnehmen der erfüllten *und* nicht erfüllten Regeln/Anforderungen ändert sich nicht. Das ist von einer bestimmten Kultur unabhängig.
Ein bisschen so wie bei der "Illusion der Kontrolle".
Depressive Menschen haben diese Illusion der Kontrolle scheinbar nicht - oder in geringerem Ausmaß.
Ist ein bisschen wie mit dem Ei und der Henne.
Violine - 4. Sep, 20:40
Und dann kann man sich noch fragen, ob ein Mensch schlicht Freude empfindet oder Stolz.
In diesem Fall hat die Autistin das Muster nicht erkannt - obwohl Autisten ja sehr gut darin sind, Mechanismen zu erkennen - und das hat sie stark verunsichert.
Das mit den depressiven Menschen und Stolz, da müsste ich mich mal umtun. Vielleicht einen Freund fragen, der mal depressiv war.
Hm, wenn ich so nachdenke, dann fühlt sich der Depressive wohl ohnmächtig?
Nebenbei: Du kannst hier ganz normal html-codieren, also Links setzen und so.
In diesem Fall hat die Autistin das Muster nicht erkannt - obwohl Autisten ja sehr gut darin sind, Mechanismen zu erkennen - und das hat sie stark verunsichert.
Das mit den depressiven Menschen und Stolz, da müsste ich mich mal umtun. Vielleicht einen Freund fragen, der mal depressiv war.
Hm, wenn ich so nachdenke, dann fühlt sich der Depressive wohl ohnmächtig?
Nebenbei: Du kannst hier ganz normal html-codieren, also Links setzen und so.
waelti (Gast) - 4. Sep, 21:07
Ok, mit Link Kommentare. Vielleicht erklärt das meine Sichtweise ein bisschen ;)
Der Teil mit Freude / Stolz könnte hilfreich sein. Es als Freude und *nicht* als Stolz zu bezeichnen könnte m.E. "Druck" wegnehmen.
Allerdings ist hier eine Rekursion nicht ausgeschlossen. Etwa so: jemand empfindet Freude, ist sich aber durch Beobachtung bewußt, dass dieses "Freude empfinden" von der Umwelt nicht als Freude empfinden wahrgenommen wird. Das wiederum erzeugt Druck, das ist ein Teufelskreis.
Für mich selbst kann ich nicht sagen, ob ich Depressionen habe/hatte. In den letzten Jahrzehnten gabe es wohl Gefühle, die als "depressiv" bezeichnet werden würden.
Wenn das Gefühl "Ohnmacht" hier bedeutet: "etwas nicht können" (und sich dessen bewußt sein), dann fühlt sich (mMn) der Depressive in diesen Zuständen ohnmächtig.
Inwieweit "nicht können" durch "meinen, nicht zu können" ersetzt werden kann/muss ist schwierig.
Wie gesagt, zu Depression kann ich nicht viel sagen. Oder korrekter: meine ich nicht viel sagen zu können.
Der Teil mit Freude / Stolz könnte hilfreich sein. Es als Freude und *nicht* als Stolz zu bezeichnen könnte m.E. "Druck" wegnehmen.
Allerdings ist hier eine Rekursion nicht ausgeschlossen. Etwa so: jemand empfindet Freude, ist sich aber durch Beobachtung bewußt, dass dieses "Freude empfinden" von der Umwelt nicht als Freude empfinden wahrgenommen wird. Das wiederum erzeugt Druck, das ist ein Teufelskreis.
Für mich selbst kann ich nicht sagen, ob ich Depressionen habe/hatte. In den letzten Jahrzehnten gabe es wohl Gefühle, die als "depressiv" bezeichnet werden würden.
Wenn das Gefühl "Ohnmacht" hier bedeutet: "etwas nicht können" (und sich dessen bewußt sein), dann fühlt sich (mMn) der Depressive in diesen Zuständen ohnmächtig.
Inwieweit "nicht können" durch "meinen, nicht zu können" ersetzt werden kann/muss ist schwierig.
Wie gesagt, zu Depression kann ich nicht viel sagen. Oder korrekter: meine ich nicht viel sagen zu können.
Violine - 4. Sep, 21:25
Ah, hab' Deine Link gelesen. Guter Post. Bin auch sehr dafür, das eigene Innen kennenzulernen als nach draussen zu schielen und an anderen rumzupopeln.
Bei Aspie geht es sehr um Innen und Aussen. V.a. bei Sabine Kiefner.
Ich denke, ihre eigenen Wertmassstäbe, ihr Innen, hat mit dem von aussen geforderten (oder wurde der wirklich gefordert?) Stolz nichts anfangen können.
Bei Aspie geht es sehr um Innen und Aussen. V.a. bei Sabine Kiefner.
Ich denke, ihre eigenen Wertmassstäbe, ihr Innen, hat mit dem von aussen geforderten (oder wurde der wirklich gefordert?) Stolz nichts anfangen können.
waelti (Gast) - 4. Sep, 21:37
Innen und Aussen. Ja.
Ich kann nicht wissen wie Sabine Kiefner das "sieht", oder fühlt.
Für mich selbst ist das Innen/Aussen weniger mein Unterbewusstsein/Bewusstsein. Schon eher ich und die Anderen, vmtl. hatte ich deshalb Probleme mit dem gelinkten Artikel.
Die "Wertmassstäbe" überfordern mich im Moment. Regeln, das ist OK. Doch "Wert"?
Ist ein bisschen so wie bei einem Artikel "nehmen Sie sich selbst nicht zu wichtig". Unmöglich da zu kommentieren :) (Steht doch da!)
Mal drüber schlafen, vielleich kriege ich was zusammen.
Ich kann nicht wissen wie Sabine Kiefner das "sieht", oder fühlt.
Für mich selbst ist das Innen/Aussen weniger mein Unterbewusstsein/Bewusstsein. Schon eher ich und die Anderen, vmtl. hatte ich deshalb Probleme mit dem gelinkten Artikel.
Die "Wertmassstäbe" überfordern mich im Moment. Regeln, das ist OK. Doch "Wert"?
Ist ein bisschen so wie bei einem Artikel "nehmen Sie sich selbst nicht zu wichtig". Unmöglich da zu kommentieren :) (Steht doch da!)
Mal drüber schlafen, vielleich kriege ich was zusammen.
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