Ich glaube ja, dass sich im Laufe eines Lebens die Beziehung zu Büchern oder generell zum Lesen ändert. Ich stelle fest, dass ich zwar nicht komplett anders lese wie früher, dass aber durchaus die Gewichtung der Parameter eine Veränderung erfahren hat und permament weiter erfährt. Zudem habe ich eine lange, lange Durststrecke durchleben müssen zwischen meiner kindlichen, jugendlichen und jungen Erwachsenen Viel-Lese-Phase und dem, wie ich heute mit Büchern umgehe bzw. was sie für mich bedeuten. Mitten innerhalb dieser Durststrecke habe ich sie vermisst, die Bücher. Bücher halfen mir stets in einem sehr unmittelbaren Sinn des Wortes. Wenn Stress war und ich Ruhe suchen wollte, dann musste ich nie weit fahren, ich musste keine Entspannungslehre erlernen, sondern ich musste stattdessen einfach ein Buch zur Hand nehmen und drauf los lesen. Ich las ohne Ausnahme das, was man literarische Texte nennt. Und ich versank in Geschichten, nicht selten auch in Gesamtwerken von Autoren. Am Anfang war es wichtig, keinen Schund zu lesen. Ich vergewisserte mich stets, dass Autoren angesehen und akzeptiert waren. Davon habe ich mich im Lauf der Jahre gelöst. Man wird älter und traut dem eigenen Urteilsvermögen mehr und mehr. Was die Welt zu Autoren sagt, das höre ich mir an oder lese es, bilde mir dann aber meine eigene Meinung. Denkverbote oder gar Verhaltensregeln sind fehl am Platz. Finde ich. Irgendwann passierte, quasi schleichend, eine Veränderung. Ich musste natürlich mit der Zeit auch mehr und mehr Fachbücher lesen. Dies war immer schwer, weil die Autoren dort zwar ein Thema erklären woll(t)en, sie aber nicht selten eher gegen das Wort kämpften als das sie Freundschaft schlossen mit der Welt der Worte. Irgendwann hatte ich mir angeeignet, auch solche Bücher zu lesen, halbwegs schmerzfrei. Und eines Tages geschah es, dass ich ein Buch in die Hand nahm, einen Roman, ich las darin und konnte nicht mehr Weiterlesen. Ich konnte es mechanisch. Aber das Gefühl, was mich sonst bewegte war nicht mehr da. Es war einfach weg. Ich versuchte andere Bücher, startete über Jahre immer wieder Versuche, doch da war nur Leere. Ich kann kaum in Worte fassen, wie zutiefst bestürzt ich war. Mir war von heute auf Morgen meine ureigene Möglichkeit zur Therapie genommen, meine ganz private Möglichkeit, meine Seele zu reinigen, meine Möglichkeit einzutauchen in andere Welten und dort Kräfte neu zu sammeln. Jetzt, im Nachhinein war das wie das Durchqueren einer Würste ohne Wasser. Es war schwer und es tat weh und ich vermisste, was ich ja schon einmal gehabt hatte. Irgendwann habe ich den Weg zurück gefunden. Das war nicht mein Verdienst. Beinahe bin ich gewillt zu sagen, dass es Zufall war. Zumindest habe ich trotz zahlreicher Versuche der Analyse nicht herausfinden können, was mich rein geführt hat in die Wüste und genauso wenig weiß ich, wie ich wieder raus fand. Heute lese ich wieder und wieder nimmt mich ein guter Text vollkommen ein, lässt mich abtauchen, komplett und ohne Spuren zu hinterlassen. Alle Sinne sind angesprochen und erst Recht ist mein Kopf angesprochen, mein Denken. Als Kopfmensch ist es eher andersherum. Erst nehme ich intellektuell etwas wahr und dann stellen sich Emotionen ein. Manchmal, je nachdem wie ich mit einem Autor und/oder einem Text in Verbindung komme, ist es auch andersherum. Was für mich heute mehr zählt als das Handwerk oder sogar die Kunstfertigkeit, mit der ein Text gebaut wurde, ist die Glaubwürdigkeit, die von einem Autor ausgeht. Der Autor muss mir nicht sympathisch sein, aber seine Vita oder auch nur der Text muss geschrieben werden. Von ihm. Als wäre es das letzte, was er tun wird auf dieser Welt. Autoren, wo das Werk, Denken und Leben auseinander driften, haben es schwer bei mir . Und manchmal ist es gar nicht so leicht, die Struktur eines Autor wahrzunehmen. Wie auch sonst läuft man Gefahr, zu vorschnell eine Meinung zu haben mit einem Menschen oder/und einem Werk.
Ich lese also vielleicht nicht anders, sondern bin mir nach meiner Lebensreise mit Büchern, Texten und Autoren vielleicht einfach nur bewusster, was mir wichtig ist und auch, worauf ich aufpassen muss.
Mir ging es ähnlich mit der Krise. Langsam tauche ich daraus auf.
Kaum noch ein belletristisches Buch hatte mich gefangen genommen. Ich las den Klappentext, wusste, es wird ein interessantes, gutes Buch sein ... und recht schnell hat mich der Text nicht mehr gefangengenommen. Es ging nicht mehr.
Langsam wird es. Ich muss mal warten, was sich da alles zeigt. Aber wichtig ist, dass das Handwerk stimmt. Auf keinen Fall billig zusammengezimmert. Und es muss irgendwie poetisch sein, eben dichterisch verdichtet.
Ausgelöst wurde das durch Krisenjahre. Es schlug über mir zusammen und bei einem Vorkommnis bin ich mir vorgekommen wie in einem Krimi. Da wollte ich keinen Krimi mehr lesen.
Ich musste auch im Lesen nichts mehr erleben, ich erlebte genug. Und wollte nur noch ausspannen. Per stricken etwa (da sind meine drei Löcherpullis entstanden).
Richtig reingekommen ins Viellesen bin ich wieder über Sachbücher. Klar, wenn ich mir das oben Geschriebene angucke (denn so klar war mir das nicht), da gibt es kein emotionales Auf und Ab.
Drangeblieben bin ich, eisern. Einen ganz, ganz dicken und detailreichen Wälzer über Fundamentalismus in Christentum, Judentum und Islam hatte ich mir aus der Stadtbücherei ausgeliehen. Da brauchte ich aber einen langen Atem! Hatte sämtliche Ausleihverlängerungen gebraucht. Aber das war wohl so etwas wie der Startschuss.
Diese Krisenzeit war eine starke Reifezeit. So viel gelernt. Da ändert sich wohl auch die Rezeption eines Buches, zumal der Belletristik.
Was ich früher gar nicht gelesen habe, heute aber sehr viel lese, das sind theologische Sachen. Sachen über bzw. mit der Bibel (die Bibel selbst ist literarisch so verdichtet, das muss sich mir erst über andere Literatur erschliessen).
Ein paar sehr eigene Gedanken zum Thema Lesen
Ich lese also vielleicht nicht anders, sondern bin mir nach meiner Lebensreise mit Büchern, Texten und Autoren vielleicht einfach nur bewusster, was mir wichtig ist und auch, worauf ich aufpassen muss.
Mir ging es ähnlich mit der Krise. Langsam tauche ich daraus auf.
Kaum noch ein belletristisches Buch hatte mich gefangen genommen. Ich las den Klappentext, wusste, es wird ein interessantes, gutes Buch sein ... und recht schnell hat mich der Text nicht mehr gefangengenommen. Es ging nicht mehr.
Langsam wird es. Ich muss mal warten, was sich da alles zeigt. Aber wichtig ist, dass das Handwerk stimmt. Auf keinen Fall billig zusammengezimmert. Und es muss irgendwie poetisch sein, eben dichterisch verdichtet.
Ausgelöst wurde das durch Krisenjahre. Es schlug über mir zusammen und bei einem Vorkommnis bin ich mir vorgekommen wie in einem Krimi. Da wollte ich keinen Krimi mehr lesen.
Ich musste auch im Lesen nichts mehr erleben, ich erlebte genug. Und wollte nur noch ausspannen. Per stricken etwa (da sind meine drei Löcherpullis entstanden).
Richtig reingekommen ins Viellesen bin ich wieder über Sachbücher. Klar, wenn ich mir das oben Geschriebene angucke (denn so klar war mir das nicht), da gibt es kein emotionales Auf und Ab.
Drangeblieben bin ich, eisern. Einen ganz, ganz dicken und detailreichen Wälzer über Fundamentalismus in Christentum, Judentum und Islam hatte ich mir aus der Stadtbücherei ausgeliehen. Da brauchte ich aber einen langen Atem! Hatte sämtliche Ausleihverlängerungen gebraucht. Aber das war wohl so etwas wie der Startschuss.
Diese Krisenzeit war eine starke Reifezeit. So viel gelernt. Da ändert sich wohl auch die Rezeption eines Buches, zumal der Belletristik.
Was ich früher gar nicht gelesen habe, heute aber sehr viel lese, das sind theologische Sachen. Sachen über bzw. mit der Bibel (die Bibel selbst ist literarisch so verdichtet, das muss sich mir erst über andere Literatur erschliessen).