Montag, 31. Januar 2011

Ächz!!!!

Ich habe ja schon öfter mal hier über W. geschrieben, der doch anders ist, ganz anders, als ich anfangs dachte. Freundinnen kann ich das gar nicht immer so beschreiben, weil ich diese Sachen, über die ich stolpere, immer gar nicht so fassen kann. Ich glaube, ich weiss jetzt auch, wieso: Der Kerl verbirgt viel, redet einfach nicht. Bzw. redet in Halbwahrheiten, also Fragmenten.
Ein Ding habe ich jetzt zusammengesetzt: Sterbehilfe.

Also, Sterbehilfe ist bei W. ein grosses Thema, und wer für Sterbehilfe ist, der ist bei ihm komplett unten durch. Ein solcher Mensch zählt bei ihm nichts mehr, gar nichts. Egal, ganz egal, was dieser Mensch sonst zu sagen hat.

Ich hatte das nie so begriffen und das Thema interessiert mich auch nicht sonderlich, da ich weder einen medizinischen noch einen pflegerischen Beruf habe. Ich werde damit also mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit in meinem Leben nicht direkt mit in Berührung kommen. Und zudem habe ich von einer Fachfrau vernommen, dass das halt eine Sau ist, die durch die Medien getrieben wird, auf den Palliativstationen (oder was auch immer das für Stationen sind mit den Sterbens- und Schwerstkranken, ich kenne mich da nicht so aus) aber in aller Regel kein Thema, da die Betroffenen in aller Regel einen immensen Lebenswillen haben.

Petra hat mich drauf gebracht, was bei W. los ist. Und erst recht noch der Newsletter des Heidelberger Theaters. Darin hiess es gestern unter anderem
begleitend zum Theaterstück MEDICAMENT, das unseren heutigen Umgang mit den Medizin-Verbrechen im Nationalsozialismus thematisiert, zeigen wir den NS-Propagandafilm ICH KLAGE AN aus dem Jahr 1941, der Euthanasie als „Sterbehilfe”, als „human” darstellt.
Also, Sterbehilfe ist für den Kerl Euthanasie und ergo wer für Sterbehilfe ist, ist ein Nazi und hat ergo (mindestens!) keine Bürgerrechte.

Ächz! Da muss man erstmal draufkommen!

Und wieso W. nicht sagen kann, warum er da so tief von betroffen ist, das weiss ich nicht. Denn er hat einen sehr guten und verständlichen Grund dazu: Sein Bruder ist behindert. (Okay, das begründet seine tiefe Betroffenheit, aber nicht seine Undiffenziertheit.) Und wer weiss, was hinsichtlich des behinderten Bruders in der Familie los war. (W. ist Jahrgang 52.)

Ächz. Ich bin immer noch fassungslos über so viel Undifferenziertheit und verborgenem Denken.

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ilana (Gast) - 3. Feb, 15:17

Für mich klingt das mehr nach Trauma als nach Undifferenziertheit. Es ist ja auch eine der Diskussionen bei der Sterbehilfe - wo da die Grenze ist - nicht umsonst ist die aktive in D immer noch verboten. Das hat durchaus damit zu tun was damals passiert ist.

Wenn er als Kind erlebte, dass sein Bruder vielleicht umgebracht werden sollte - im Rahmen einer Sterbehilfe - weil er behindert ist (und nicht weil er leidet) - hinterlässt das tiefe Wunden. Und diese Angst war damals sehr real - und lebensbedrohlich.

Violine - 3. Feb, 16:34

Hm, danke für Deine Antwort. Kann durchaus sein.
Er ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Was ich anfangs nie gedacht hätte. Aber soviel habe ich kapiert, dass bei ihm viel dahintersteckt. Vieles, das ich nicht mal im Ansatz erfasse.
Danke, Ilana. Jetzt ist mir zumindest klar, dass ich da nicht drauf rumreiten kann.

Ich hoffe, dass ich irgendwann noch drauf komme, wie ich mit ihm konstruktiv umgehe.

Schade, dass Du ihn nicht auch kennst. Du könnstes bestimmt einiges Erhellendes beitragen. Na ja, nun ist es halt nicht so.
Violine - 3. Feb, 17:06

Nochmals danke, Ilana.
Das mit dem Trauma - es kann ein vielfältiges sein, das weiss ich nicht; ich weiss aber, dass der Vater Alkoholiker war - kann der Schlüssel sein. Denn er ist auch immer wieder wie blockiert. Da geht das Denken einfach nicht weiter. Oder auch nicht tief. Oder er hat es auch mit seinem "normal". Immer wieder betont er, dies oder das sei doch nicht "normal". (Bei Sachen, wo es mir nicht einsichtig ist.)

Hm, muss das echt sich setzen lassen und sehen, was mir zum Umgang mit ihm noch einfällt. Denn der Umgang mit ihm wird für mich immer schwerer.
ilana (Gast) - 4. Feb, 00:16

das mit dem "ist doch normal" ist Überlebensstrategie - wurde ihm vielliecht auch eingebleut, das Problem ist - wenn man sich dann einer Sache stellt (z.Bsp der Sterbehilfe oder dem Vater) - brechen auch die anderen Dinge.

Und indem man sich einredet - ist doch "normal" - muss man das nicht - dann ist es halt so und man muss sich dem nicht stellen.

Das ist auch wichtig - denn man kan sich dem erst stellen, wenn man alternative Schutzmöglichkeiten gefunden und erarbeitet hat - wenn nur die "alten" (egal ob destruktiv) wegfallen - bricht alles - die müssen erst ersetzt werden (dazu ist dann auch Einsicht nötig dass da was zu tun ist) - doch diese Einsicht bedeutet auch dass erstmal dein WEltbild zusammenstürtzt - denn du baust das auf de m"ist doch normal" oder "ist doch nicht so schlimm" oder "hat mich doch nicht umgebracht" oder oder oder.

Violine - 4. Feb, 09:37

Danke, Ilana.

Ich kann mir auch vorstellen, dass die Familie damals bemüht war, "Normalität" darzustellen. Es waren die Nachkriegsjahre und der Vater eben Alkoholiker.

Vielleicht ist es bei ihm gerade am Aufbrechen, und deswegen hatte ich in meinem Inneren seinen Druck, unter dem er steht, so massiv gespürt. Ich habe den Eindruck, er möchte sich am Liebsten verkriechen.

Wie ich's ihm nur beibringe, dass er was - und nicht nur etwas - für sich tun muss? Ich glaube, da muss ich mal mit dem Pastor meiner Gemeinde reden. Alleine fühle ich mich da ziemlich aufgeschmissen.
Du hast so recht, wenn Du sagst, dass, wenn da nur ein Ding der Fassade einbricht, dann alles einbricht. Das will ich ja nicht.

Gar nicht einfach.
Mist, sehr gerade beim Wiederlesen, dass Du ja was über Einsicht gesagt hast.

Mist, die ist nun wirklich nicht da. Mist, Mist, ganz grosser Mist. Denn er ist einer derjenigen, bei denen sich der innere Druck auf mich überträgt. Und bei ihm war es besonders schlimm.
Mist, Mist, Mist.
ilana (Gast) - 9. Feb, 16:52

"Denn er ist einer derjenigen, bei denen sich der innere Druck auf mich überträgt."

Und da liegt es dann an DIR - DEINE Grenzen klar zumachen, zu sagen: das möchte ich nicht und dich abgrenzen.

Das er das auf dich überträgt ist nicht sein Problem. Denn eigentlich stört dich dann ja eher wie er ist (eben die fehlende Einsicht) - aber die kannst du nicht aufzwingen. Du kannst da nur selbst klar sein, ihm sagen wie du es sieht und was es mit dir macht - bei dir bleiben dabei - und eben für dich Grenzen klar machen und die dann auch einhalten (och ja - das schreibt sich immer so schön leicht - wenn man es nicht selber machen muss ;) )

Violine - 9. Feb, 17:09

Ja, ich muss ihm halt die Grenzen an Hand dessen erklären, was deutlich sichtbar ist.

Ich habe mir auch schon was überlegt. Und weisst Du was: Ich habe ihm ja eine Nachricht an seine Freundin ausrichten lassen (über eine ihrer Freundinnen an sie, nun ja) und dabei habe ich auch gemeint, dass zwei meiner Freundinnen und ich sie und ihn ganz deutlich als Paar sehen. Und das auch so verlautbaren.
Das nimmt ihn vielleicht auch zurück (habe ich mir im Hinterher gedacht). Aber an sich hatte ich dies an seine Freundin ausdrücklich nochmal gesagt, weil sie mal auf mich zugegangen ist, sie hätte den Eindruck, ich mische mich in eine Beziehung ein. Und das tue ich bestimmt nicht. Aber bei den ganzen Schlamassel habe ich mir gedacht, dass sie ihn schon kennen wird und das nicht wegen nichts gesagt hat.
Denn einer anderen Freundin von mir hatte er gesagt, dass er einsam sei und mit seiner Freundin nicht zufrieden.

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